Unfall auf Arbeitsweg: Werbungskosten auch ohne Reparatur möglich

Wenn du auf dem Weg zur Arbeit oder auf dem Heimweg von der Arbeit einen Unfall verursachst, darfst du die Unfallkosten ausnahmsweise neben der Entfernungspauschale als außergewöhnliche Fahrzeugkosten bei den steuersparenden Werbungskosten erfassen. Lässt du das Auto nach dem Unfall nicht reparieren, kannst du unter bestimmten Umständen trotzdem Werbungskosten abziehen.
Keine Reparaturkosten im Jahr des Unfalls, sondern erst im Folgejahr
Passiert dir im Dezember auf dem Weg zur ersten Tätigkeitsstätte oder auf dem Heimweg ein Unfall und du entscheidest dich dafür, den Schaden erst im nächsten Jahr beheben zu lassen, solltest du bereits im Unfalljahr eine „Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung“ als Werbungskosten abziehen. Dazu musst du Folgendes wissen:
- Du ermittelst vom Kaufpreis für das Fahrzeug ausgehend den steuerlichen Buchwert des Fahrzeugs und ziehst davon den Verkehrswert des Fahrzeugs an. Übrig bleibt die Wertminderung durch den Unfall.
- Das Finanzamt nimmt bei Ermittlung des Buchwerts eine Nutzungsdauer des Fahrzeugs von 6 Jahren an. Arbeitnehmer dürfen die Nutzungsdauer jedoch mit 8 Jahren ansetzen (BFH, Urteil v. 26.7.1991, BStBl. 1992 II S. 1000).
Beispiel
Du verursachst am 1.12.2020 auf dem Weg in die Arbeit einen Unfall mit deinem Privat-Pkw. Den Pkw hast du am 5.4.2015 für 30.000 Euro gekauft. Der Verkehrswert des Autos beträgt laut Gutachten nach dem Unfall nur noch 12.000 Euro.
| So rechnen Sie (Nutzungsdauer 8 Jahre = 96 Monate) | So rechnen die Finanzämter (Nutzungsdauer 6 Jahre = 72 Monate) |
Kaufpreis des Fahrzeugs | 30.000 Euro | 30.000 Euro |
Nutzungsdauer bis zum Unfall in Monaten | 44 Monate | 44 Monate |
Fiktiv verbrauchte Abschreibung | 13.750 Euro (30.000 Euro x 44/96) | 18.334 Euro (30.000 Euro x 44/72) |
Restbuchwert im Zeitpunkt des Unfalls | 16.250 Euro | 11.666 Euro |
Verkehrswert nach Unfall | 12.000 Euro | 12.000 Euro |
Absetzung für außergewöhnliche Absetzung = Werbungskosten | 4.250 Euro | 0 Euro |
Lässt du das Fahrzeug im Jahr nach dem Unfall reparieren und die tatsächlichen Reparaturkosten liegen unter dem Werbungskostenabzug für die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung, brauchst du die Absetzung im Unfalljahr nicht mehr korrigieren. Sind die tatsächlichen Reparaturkosten im Jahr nach dem Unfall höher als die im Unfalljahr als Werbungskosten abgezogene Absetzung, darfst du in Höhe des Differenzbetrags im Jahr der Reparatur noch Werbungskosten geltend machen (BFH, Urteil v. 13.3.1998, BStBl. 1998 II S. 443: Aufsatz in DStZ 1994 S. 203).
Werbungskostenabzug auch bei Fahrzeug, das bereits älter als acht Jahre ist?
Ein Werbungskostenabzug für „Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung“ scheidet grundsätzlich aus, wenn das Fahrzeug im Zeitpunkt des Unfalls bereits älter als 8 Jahre ist (u.a. FG München, Urteil v. 18.3.1998, EFG 1998, S 1083). Zu diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen.
Praxis-Tipp: Hast du einen Gebrauchtwagen gekauft, und verursachst mit diesem auf dem Arbeitsweg einen Unfall, ermittelst du die achtjährige Nutzungsdauer ab dem Zeitpunkt des Kaufs (FG Hessen, Urteil v. 9.5.2000, EFG 2000 S. 1377).
Keine Reparaturen mehr wegen Totalschaden
Verursachst du mit deinem Privat-Pkw auf dem Arbeitsweg einen Unfall und der Pkw erleidet dadurch einen Totalschaden, gelten für die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung dieselben Grundsätze. Einzige Ausnahme: Der Verkehrswert nach dem Unfall beträgt 0 Euro oder ist maximal mit dem erzielbaren Schrottwert zu erfassen.
Wichtig ist nur, dass der Werbungskostenabzug bei einem Totalschaden stets im Unfalljahr geltend gemacht werden muss und nicht erst im Folgejahr, wenn ein Gutachter den Totalschaden erstmals feststellt.